Ich arbeite nebenberuflich im Motorradhandel. Nicht HD, sondern ein großer Gebrauchthändler.
Anders als früher ist tatsächlich der Handel schwerer geworden. Ich habe jetzt viele Kunden, die in den Laden kommen und vorrangig erzählen möchten, was sie mal gefahren haben, was sie gern fahren würden, welche OPs sie hinter sich haben und dass die alten Zeiten besser waren. Dann, eine halbe Stunde später, gehen sie wieder. Manche sagen dann nach langen Besichtigungen noch, dass sie dann in einem Jahr kaufen wollen. Nur, um im Folgejahr eine neue OP und einen teuren Heizungsschaden als Vorwand nehmen, auch diesmal nichts zu kaufen. Die leben in ihren Erinnerungen. Nette Leute, aber keine wirklichen Kunden, leider.
Andere wiederum kaufen mir aus hunderten Kilometer Entfernung ihr Traummotorrad ab. Vernünftig beschrieben, viele Fotos, dann sind die Leute gerne bereit, Dir zu vertrauen. Habe ich auch privat oft erlebt. Kaufpreis wird überwiesen, Abholung durch Spediteur.
Was aber in Deinem Fall ein großes Problem ist: wer 20.000 Euro zahlen kann, der kauft nicht von Privat. Der will Garantie, Service, Inzahlungnahme, Finanzierung. Das erlebe ich schon bei viel kleineren Summen. Einfach, weil "gekauft wie besehen" nicht zu solchen Summen passt. Überhaupt ist die Zahl derer, die fünfstellige Beträge ausgeben, überschaubar. Die wollen dann aber auch genau "ihr" Bike, nicht irgendeins. Und sie wollen ihr Alteisen in Zahlung geben.
Im Laden erlebe ich auch, dass viele Verkäufer, gerade wenn sie wie Du das Motorrad nicht lange hatten, unrealistische Vorstellungen mitbringen. Der Händler kauft kein Motorrad zu solchen Preisen an. Wie denn auch? Der legt keine 20.000 Bargeld auf den Tisch, wenn das Motorrad neu vielleicht 28.000 kostet, er dann aber das Motorrad ein Jahr im Laden stehen hat. Er hat Betriebskosten, zahlt Steuern auf den Mehrerlös, muss das Personal bezahlen, die Maschine durchsehen und, wichtig, Garantie dafür leisten. Das kann er betriebswirtschaftlich nicht darstellen. Auch er wartet teils viel zu lange, bis er bei einem Verkauf (bestenfalls) sein Geld und ein paar Euro Gewinn wieder sieht. Zumal er gerade seine noch vorhandenen Euro 5-Fahrzeuge mit deutlichem Nachlass und Schweiß auf der Stirn losgeworden ist, wenn er Glück hatte.
Du siehst nur das damals bezahlte Geld beim Neufahrzeug. Aber wer nach so kurzer Zeit und wenigen Kilometern wieder verkauft, muss beim Preis nicht Bauchweh, sondern Magenkoliken akzeptieren. Würdest Du sie 50.000 statt 5000 km gefahren sein, hättest Du sicher genug Spaß damit gehabt, um einen hohen Wertverlust zu akzeptieren. Ich denke, die nun steigenden Neupreise (Zölle) machen eh vielen Händlern das Leben schwer. Das Harley-Geschäft ist in den letzten Jahren nicht einfacher geworden. Pleiten wie die von Harley Salzburg sind schon ein Warnsignal. Auch die Unsicherheit bezüglich künftiger Umweltpolitik ist ein Problem. Da halten auch Händler lieber ihr Geld zusammen, als mit 50 unverkauften Gebrauchtmaschinen im Laden pleite zu gehen.
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Der Sonne entgegen,
Micha
Dieser Beitrag wurde schon 1 mal editiert, zum letzten mal von Sunglow am 21.03.2025 00:03.